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Helgoland - Die Lange AnnaHelgoland – dieses felsige Eiland weit draussen in der Deutschen Bucht wollte ich mir schon so lange einmal anschauen! In meiner Vorstellungskraft erschien mir diese Insel immer mystisch – umständlich zu erreichen über turmhohe Wellen, gefährliches Ausbooten vor dem Hafen bei Wind und Wetter, eine karge Insel mit nichts ausser roten Felsen und Hummerbuden. Und jetzt bot sich die Gelegenheit, Helgoland zu entdecken. Im Januar. Im Winter. Warum eigentlich?

Angefangen hatte alles mit einer Idee im DSLR-Seite-Forum. Seit einiger Zeit bietet Helgoland Pauschal-Arrangements an, z. B. ein mehrtägiges „Babyrobben-Watching“. Im Forum fanden sich dafür schnell einige interessierte Fotoverrückte. Allerdings bringen die Robben ihre Jungen zwischen November und Januar zur Welt – was also eine Winterreise an’s Meer für uns bedeutete. Schnell mal die klimatischen Bedingungen auf Helgoland nachgesehen – dank golfstrombedingter, eher milder Winter würde es schon nicht zu kalt werden. Also buchten wir für den 20. Januar. Kurz bevor es losgehen sollte, gab es noch eine unverhoffte Verlängerung des Kurztrips – der Reeder Cassen Eils (einer der letzten Cap-Hoorniers!), der im Winter die einzige Fährverbindung nach Helgoland betreibt, war verstorben und die Trauerfeier brachte den Fahrplan durcheinander. So buchten wir kurzerhand eine Übernachtung dazu und hatten nun drei Tage Zeit, die Insel zu erkunden.

Es war beruhigend zu erfahren, dass im Winter die Schiffe direkt im Hafen anlegen. Ein Ausbooten bei heftigem Seegang würde uns erspart bleiben (allerdings auch ein Abenteuer weniger… ). Die einzige Fähre des Tages sollte aber schon um 10:30 Uhr in Cuxhaven ablegen. Wann muss man da losfahren!? Ab Ruhrgebiet sind es ca. 400 km, darauf den Schnee-, Eis- und Baustellen-Zeitzuschlag kalkuliert – es kristallisierte sich „Mitten in der Nacht“ heraus. Als der Wecker ging, dauerte es denn auch einige Sekunden, bis ich realisierte, dass 2:25 Uhr etwas anderes ist, als die eigentlich eingestellten 1:40 Uhr … bereits in fünf Minuten würde es an der Türe klingeln und ich war auf einmal sehr schnell wach und aus den Federn!

Die "Funny Girl"Die DünenfähreRobbenfotografieren im Schlick

Pünktlich erreichten alle Cuxhaven. Eigentlich hatten wir uns auf  ein schönes Frühstück in maritimer Hafen-Atmosphäre gefreut. Doch weil die erhofften Fischbuden fehlten und unsere Fähre „Funny Girl“ schon einladend bereit lag, gingen wir direkt an Bord dieses Seebäderschiffes. Es ist übrigens das einzige Schiff, dass während der Wintersaison eine regelmäßige Personenfährverbindung nach Helgoland sicherstellt. Nun denn, meine erste Überfahrt nach Helgoland – an die Schauergeschichten über heftigen Seegang und Seekrankheit erinnerten zum Glück nur die überall griffbereit hängenden Brechtüten. Heute war das Meer fast spiegelglatt und nach gut zweieinhalb Stunden legten wir auf dem felsigen Eiland an. Schon ging es los zum ersten kleinen Inselrundgang, denn unser Hotel lag im Helgoländer Oberland, was einen Fußmarsch von ungefähr 20 Minuten bedeutete. Eine kleine, praktische Kuriosität ist der Fahrstuhl zwischen Ober- und Unterland, der den mühsamen Aufstieg über die Treppe (184 Stufen!) oder die steile Strasse erspart. Wir kauften uns direkt ein Mehrfahrten-Ticket! Bereits auf dem Weg zum Hotel wurden nach und nach die Jacken höher geschlossen, die Schals enger umgewickelt und die Mützen tiefer ins Gesicht gezogen. Wir merkten: es war kalt, sehr kalt, quasi bitterkalt auf Helgoland!

Die ersten Seehunde!Einmal in die Kamera schauenDas Kleine wird gesäugtErst wenige Tage alt

Am nächsten Morgen begann unser Programm: um 10:00 Uhr sollte uns die kleine Fähre „Witte Kliff“ zur Kegelrobben- und Seehundkolonie auf der Insel Düne bringen. Ausgerüstet wie Polarforscher und durch die vielen Schichten Anziehsachen fast zur Bewegungslosigkeit verurteilt, konnte uns der eisige Wind kaum noch etwas anhaben. Die Überfahrt dauert nur kurz und der Helgoländer Rolf Blädel führte unsere Gruppe zu den Tieren. Als er sich als Robbenjäger vorstellte, ging zunächst ein erstauntes Raunen durch die Menge. Doch natürlich werden die Robben heute nicht mehr mit dem Gewehr, sondern ausschließlich mit der Kamera gejagt. Ich sah den ersten Seehund am Strand liegen – an sich schon ein grandioser Anblick! Ich ging ein Stück weit um das Tier herum – und mir stockte der Atem: Ein erst wenige Tage altes Seehundbaby lag in hellem Flauschfell und mit riesigen Augen neben der Mutter, wurde von dieser mit der Flosse gestreichelt, liebkoste zurück, krabbelte, trank … Für mich ein wirklich atemberaubendes Erlebnis, so etwas in der freien Natur, umgeben von Wind und brausenden Wellen zu erleben! Wir konnten uns kaum von den Tieren losreissen und blieben vor lauter Staunen, Bewundern und natürlich Fotografieren weit hinter der Gruppe zurück. Die Dünenfähre zurück nach Helgoland fährt ungefähr im Stundentakt, und so konnten wir uns am Flughafen, der sich ebenfalls auf der Düne befindet, noch aufwärmen und etwas essen.

Die Mutter läßt es sich gutgehenVersteckspiel mit den FotografenZutraulichEin Schläfchen im weichen Sand

Ein HeulerKuscheln unter RobbenSpielchen im seichten WasserDas Meer!

Den Nachmittag verbrachten wir mit einer Inselführung, die uns über den Klippenweg zu den berühmten roten Felsen führte. Gerade im Winter und bei Dauerfrost hat diese Landschaft ihren ganz besonderen Reiz. Es gibt ja keine Bäume, und die von der Natur gepeitschten felsigen Ebenen gaben vor dem grauen Winterhimmel und den über der See aufsteigenden Nebeln eine ganz besondere Kulisse ab. Dazu immer wieder der Blick vom Oberland auf den Hafen und die Häuser im Unterland, die durch ihre farbigen Anstriche farbenfrohe Akzente in all das Graublau, Graugrün, Graurot setzten.

Der LeuchtturmDie bunten Häuser von HelgolandHelgoland in Rot und GrauFrostiger Fels

Fotografen fotografieren sich selbstEin sicheres Zeichen im grauen DunstAn der Langen AnnaBlaue Stunde

Am letzten Tag des Aufenthaltes wollten wir eigentlich noch einmal die Robben besuchen. Doch es war sogar noch kälter geworden und laut Anzeigetafel des Deutschen Wetterdienstes war mit einer gefühlten Temperatur von -15°C zu rechnen. So ließen wir es gemütlicher angehen, schlenderten mit den Kameras durch den Hafen, froren vor uns hin, wärmten uns an dem einen oder anderen Heißgetränk mit Rum und stellten den Tag ansonsten unter das Motto „Zollfrei- und mehrwertsteuerfrei auf Helgoland einkaufen“. Denn durch diese Vergünstigungen ist Helgoland das schiere Einkaufsparadies. Duty-free-Geschäfte in der Tradition der guten, alten Butterschiffe aber zusätzlich mit hochwertigem Warenangebot, Geschäfte mit Marken- und Luxuswaren ließen das Einkaufsherz höher schlagen. Wir kauften uns alle neue, dicke Winterjacken! Der Kaufrausch wurde allerdings gebremst durch die kurzen und unterschiedlichen Öffnungszeiten der Geschäfte. Man mußte sich schon genau merken, wann welcher Laden geöffnet hatte und wie lange man zwischen den einzelnen Geschäften unterwegs sein würde.

Reizvolle WinterstimmungHummerbude "Blau"Hummerbude "Orange"Die berühmten Hummerbuden

Noch ein letztes, gemütliches Abendessen im „Störtebecker“ mit viel frischem Fisch und schon fanden wir uns am nächsten Morgen um 6:00 Uhr am Hafen wieder, wo unsere lieb gewonnene kleine „Funny Girl“ mit ihrem freundlichen 70er Jahre Butterschiff-Charme bereit lag und uns zurück nach Cuxhaven schipperte. Ich bin mir sicher, dass sie mich noch einmal Richtung Helgoland bringen wird!

(Danke schön für einige Fotos aus den Kameras von Stefan und Petra sowie für ediths Lektoratsmühe.)

2 Kommentare zu “Der kalte Winter auf Helgoland”

  1. Elmar sagt:

    Vielen dank für den schönen Bericht! 🙂

  2. Maria sagt:

    Hallo Susanne,
    ein eindrucksvolle Schilderung deiner Winterreise nach Helgoland ist das, gefällt mir sehr.
    Viel Spaß übrigens im Naturfotografen-Forum*ggg*.
    LG Maria

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