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Rotwein – eingefangener Sonnenschein der schönsten Gebiete der Welt,  jeder genossene Schluck eine kleine Reise mindestens nach Frankreich, Italien oder Spanien. Und zum Auftakt jeder dieser Genussreisen gehörte es für mich bis jetzt einfach dazu, dieses warme, dezente „Plöpp“, wenn der Korken aus der Flasche kommt. Um deutsche Weine machte ich bislang einen Bogen, zu sehr hatte sich der für mich unangenehme Geschmack der lieblichen Mosel-Saar-Ruwer aus dem großelterlichen Weinvorrat eingeprägt.

Kürzlich verbrachte wir ein paar Tage am Kaiserstuhl. Hier hatten schon die Römer den Weinbau kultiviert und die Region zählt zu den renommiertesten Weinlagen Deutschlands. Das Hotel war gemütlich und verfügte über eine kleine, zum Zimmer gehörige Terasse. Zu einem gemütlichen Abend in lauer Frühlingsluft fehlte eigentlich nur noch ein gutes Tröpfchen. Also ging ich an die Hotelbar um zu schauen, ob vielleicht ein Wein fürs Zimmer erhältlich wäre. Sehr ausführlich wurde mir die Weinkarte erklärt, die ausschließlich Weine der lokalen Winzergenossenschaft enthielt. Spätburgunder, das klang gut. Zu meinem ersten Entsetzen wurde das „Viertele“ aus der handlichen Ein-Liter-Flasche mit Schraubverschluss in die hübsche Karaffe mit Traubendekor gefüllt! Das sah gewöhnungsbedürftig aus und erinnerte stark an Supermarkt, aber im Vertrauen auf den guten Ruf des Hotels und der badischen Weinregion war ich bereit, auch das zu verkosten. Zurück auf der Terasse überzeugte mich der erste Schluck sofort, ein sehr angenehmer Rotwein, dem man allerdings seine Stärke von 13,5 % beim Trinken nicht anmerkte. Dieser Wein braucht wirklich keinen Vergleich zu seinen französischen oder italienischen Verwandten zu scheuen.

Ein paar Tage und einige „Viertele“ später nutzten wir einen kühlen, regnerischen Tag, um zusammen mit zwei schwedischen Touristen an einer Führung in der Winzergenossenschaft Bischoffingen teilzunehmen. Der freundliche Winzer beantwortete mit Begeisterung unsere Fragen und lüftete auch das Geheimnis des Schraubverschlusses. „Schuld“ ist die Weinbauregion selbst. Hier wird der Wein nicht im Supermarkt oder Weinhandel gekauft, sondern direkt beim Erzeuger oder in der Genossenschaft. Und diese Nähe zum Produzenten macht es für die Konsumenten leichter, Weine zurückzugeben – wenn die Qualität z. B. durch Korkgeschmack beeinträchtigt ist. Hinzu kommen die Anforderungen der Gastronomie: ein Drehverschluss spart Zeit beim Öffnen der Weine, man kann sicher sein, keinen Korkgeschmack vorzufinden und schließlich ist auch die Ein-Liter-Flasche auf die Bedürfnisse der Gastronomie zurückzuführen. Das klang für mich alles überzeugend genug, um die heimischen Weinvorräte mit einigen Flaschen des liebgewonnenen badischen Spätburgunders aufzustocken. Wie ich später zu Hause recherchierte, gibt es tatsächlich auch hier in der Nähe einen Weinhandel, der die Bischoffinger Produkte im Sortiment hat – er wird sich sicher über meinen Besuch in nächster Zeit freuen.

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